Alte Rechtslage: „Stiefkindadoption“ nur bei Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern möglich
Es gibt viele Patchworkfamilien, in denen die Partner Kinder aus früheren Beziehungen mit in die Familie bringen. „Sollte aus dieser Wahlfamilie durch Adoption der Kinder des Partners eine Familie im rechtlichen Sinn mit allen – insbesondere erb- und unterhaltsrechtlichen – Rechten und Pflichten entstehen, so gab es bislang enge Grenzen“, informiert Benedikt Mack, Notarassessor von der Landesnotarkammer Bayern, und ergänzt: „Die sog. Stiefkindadoption war nämlich Ehegatten sowie eingetragenen Lebenspartnern bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften vorbehalten“. Nichteheliche Lebensgefährten konnten das Kind ihres Partners nicht adoptieren, ohne dass dieser die rechtliche Verwandtschaft zum Kind verloren hätte. „Dies entsprach typischerweise nicht dem Interesse der Beteiligten“, so Mack
Bundesverfassungsgericht: Schlechterstellung von nichtehelichen Familien verstößt gegen Grundrechte
Das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 673/17) entschied, dass Familien ohne Trauschein bei der Adoption von Stiefkindern rechtlich nicht benachteiligt werden dürfen. Es sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von nichtehelichen Familien, wenn ein Kind vom Stiefelternteil nicht adoptiert werden kann, ohne dass die verwandtschaftliche Beziehung zum rechtlichen Elternteil erlischt. Das Bundesverfassungsgericht forderte den Gesetzgeber daher dazu auf, eine grundrechtskonforme Regelung treffen.
Neue Rechtslage: Adoption für nichteheliche Familien bei verfestigter familiärer Gemeinschaft
Der Gesetzgeber ist nunmehr seiner Pflicht nachgekommen, eine Regelung zu treffen, welche die Adoption durch den Stiefelternteil auch in nichtehelichen Familien erlaubt“, stellt Mack fest. Voraussetzung hierfür sei eine stabile Partnerschaft der nichtehelichen Lebensgefährten. „Diese müssen in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben. Davon kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn sie seit mindestens vier Jahren oder als Eltern eines gemeinsamen Kindes eheähnlich zusammenleben“. Ist einer der Partner noch mit einer dritten Person verheiratet, so sei die Adoption nur in Ausnahmefällen möglich. „Das Familiengericht prüft jeden Einzelfall sorgfältig, auch hinsichtlich der sonstigen Adoptionsvoraussetzungen“, so Mack. Adoptionswillige Familien minderjähriger Kinder sollten sich im Vorfeld auch an die Adoptionsvermittlungsstelle des zuständigen Jugendamts wenden, um die Erfolgsaussichten einer „Stiefkindadoption“ abzuklären. Das Jugendamt gibt in jedem Fall eine fachliche Äußerung dazu ab, ob das Kind und die Familie des Annehmenden für die Annahme geeignet sind.